Dr. Eike Großmann (Maimonides Centre for Andvanced Studies (MCAS), Universität Hamburg): "Auftraggeber, Kommentatoren und Aufführende: Praktiken des Nô zwischen dem 16. und 19. Jahr­hundert"

Der Vortrag thematisiert die Deutungen und Zuschreibungen, die das Nô 能-Theater ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch eine sich beständig intensivierende Vereinnahmung von Seiten der Kriegerelite erfährt. Das exzessive Interesse von Kriegern am Nô, welches mit Toyotomi Hideyoshi 豊臣秀吉 (1537–1598) seinen Anfang nimmt, begünstigt die Anfertigung von Sekundär­schriften wie Kommentaren und Choreographien, deren Produzenten heute häufig als Nô-Amateure oder Connaisseurs bezeichnet werden. Allerdings kommt diesem Personenkreis, zu dem z.B. auch das Multitalent Shimotsuma Shôshin 下間少進 (1551–1616) – Mönch am Honganji 本願寺, Nô-Schauspieler und Lehrer, Impresario und Chronist – gehört, eine fundamentale identitäts­stiftende Bedeutung zu. Diese beschränkt sich nicht auf Professionalisierungstendenzen innerhalb der Nô-Schulen, sondern erstreckt sich auf das kulturelle Prestige, das mit einer umfassenden Kenntnis des Nô, seiner Aufführungspraktiken und Inhalte, bis in das 19. Jahrhundert einhergeht.

In meinem Vortrag möchte ich den Entstehungs- und Verwendungskontexten von Sekundär­schriften, die zwischen dem 16. bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts angefertigt wurden, sowie deren Auftraggebern, Produzenten und Rezipienten nachgehen, um die Wechselwirkungen zwischen Praktizierenden und Konsumierenden zu analysieren und die menschlichen wie materiellen Netzwerke um das Nô – also dessen Beziehungsgeflecht – zu ergründen.


Kinder üben sich im Nô-Gesang. Bildnachweis Copyright Eike Großmann, Abbildung entnommen aus Shin-kaisei dai-zôhô Man’yô koutai senshûraku 新改正大増補 萬葉小諷千秋樂, „'Die Freuden von Tausend Herbsten' [und andere] kleine Gesänge in zehntausend Blättern, neu revidiert und umfassend erweitert“, Holz­blockdruck, ohne Paginierung, 1854 (Ka’ei 嘉永 7), Kyôto: Kikuya Shichirobei 菊屋七郎兵衛.

Datum: Aufgrund der aktuellen Lage ist geplant, dass der Vortrag zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet.
Ort: Campus Bockenheim, Juridicum, Raum 717