Vortrag Dr. Mechthild Duppel (Sophia Universität Tôkyô): "Nationalliteratur und Weltliteratur. Zur Postulierung von 'Eigenem' und 'Fremdem' in Japan und Deutschland"

Die »Entdeckung« einer Nationalliteratur ist immer auch verbunden mit der politischen Situation, sie steht in engem Zusammenhang mit der Festigung des Bewusstseins einer national begrenzten Geschichte und Kultur. So wurde in Deutschland ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts über die Möglichkeit einer identitätsstiftenden »National-Dichtkunst« diskutiert, und in Japan stellte sich gut einhundert Jahre später, zu Beginn der Meiji-Zeit, ebenfalls die Frage nach einer Nationalliteratur. Intentional vergleichbar, sind diese beiden Diskurse jedoch Teilaspekte einer jeweils völlig anderen historischen Realität, die das Konzept des Begriffs und seine konkrete Ausgestaltung im literarischen Kanon deutlich beeinflusste. Ähnliches trifft auf die »Weltliteratur« zu, wo die unterschiedliche Eigenpositionierung zu Vorstellungen von Eingebundensein in eine Gesamtliteratur oder aber Separierung führte, die heute noch nachwirken.

Im Vortrag werden diese Entwicklungen anhand einer Analyse von zeitgenössischen Literaturgeschichten und Anthologien nachvollzogen und im Kontext der jeweiligen politischen Verhältnisse betrachtet.

Datum: 7.2.2019
Ort: Jur 717