Panel „Sayônara Atomkraft“ – „Fukushima“ und die Orte des Protests in Japan

Cover a singler

Jahrestagung des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung (ipb) "Der Kontext lokaler Proteste"
9.-10. November 2018 am Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin

Abstract zum Panel:

Nach dem Atomunfall von Fukushima 2011 hat sich in Japan medienwirksam eine Protestbewegung präsentiert, die im Regierungsviertel von Tôkyô im Zuge der ersten Wiederinbetriebnahme eines AKW im Sommer 2012 bis zu 200.000 Menschen mobilisieren konnte. Über Tôkyô hinaus etablierten sich darüber hinaus an Dutzenden regionalen Brennpunkten regelmäßige „Freitags-Demonstrationen“ sowie vielfältige andere Formen des Protests. Seit Jahrzehnten wird gegen die Atomenergie auch in Fukushima demonstriert und vergeblich vor den „unvorhersehbaren“ Risiken (sôteigai) einer Atomkatastrophe gewarnt.

Diese mediale Aufmerksamkeit speiste sich nicht zuletzt aus dem Narrativ einer protestfreien japanischen Gesellschaft und einer temporären Re-Politisierung der öffentlichen Diskussion nach 2011. Lokaler Protest gegen die Atomenergie in Japan zeigt sich hingegen mit Kontinuität vor und nach „Fukushima“: Häufig basiert dieser auf Strukturen, die weitgehend unbemerkt vom Ausland, aber auch von japanischen Massenmedien und der Öffentlichkeit seit Jahrzehnten aktiv sind. Ihre Wurzeln reichen teils bis in die sozialen Bewegungen und die Studentenunruhen der Nachkriegszeit bzw. der 1960er und 1970er Jahre zurück.

Das Panel „‘Fukushima‘ und die Orte des Protests in Japan“ macht es sich zum Ziel, am Fallbeispiel von „Fukushima“ und den jüngsten Anti-Atom-Protesten die Hintergründe, Möglichkeiten und Herausforderungen von lokalem Protest in Japan, als wichtigem außereuropäischen Vergleichsbeispiel, zu diskutieren.

David Damian Jungmann (Japanologie Frankfurt) sucht nach dem zeitgeschichtlichen Ort von Protesten in der japanischen Nachkriegszeit, die in den Studentenbewegungen der 1970er Jahre ihren vorläufigen Höhepunkt finden; der Japanologe und Journalist Andreas Singler stellt die Befunde seiner über fünfjährigen Recherchen zur Anti-Atomkraft-Bewegung in Japan nach 2011 und zentrale Fallbeispiele lokalen Protests gegen die Atomkraft vor; Christian Chappelow (Japanologie Frankfurt) liest literarische Zeitzeugenberichte aus „Fukushima“, die das Spannungsverhältnis zwischen lokalem und nationalem Protest als Grundsatzfrage an das demokratische Selbstverständnis Japans im frühen 21. Jahrhundert artikulieren.