Prof. Dr. Steffi Richter (Leipzig): "Inamura no hi - die Geschichte vom Reisgarbenfeuer. Wie eine künftige Japanologie aussehen könnte"

Inamura no hi  稲むらの火 - "Das Reisgarbenfeuer" ist eine story, in der - wie in einer Nussschale - die hi/story des modernen Japan verborgen zu sein scheint. Sie erzählt von einem Erdbeben 1854 in der Nankai-Region, das das siebte Oberhaupt der Sojasoßen-Manufaktur "Yamasa" zum Helden werden ließ. Davon aber erfährt die Welt erst reichlich vier Jahrzehnte später, durch Lafcadio Hearn, einen Kosmopoliten, der später im Meiji-Japan auf die Suche nach im "Westen" verloren gegangener Beschaulichkeit und Tradition ging - und das "exotische Japan" mit erfand. Selbstlose Helden waren dann auch im Japan seit den 1930er Jahren gefragt, und so fand die Reisgarbengeschichte Eingang in die Schulbildung, aus der sie allerdings bald nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand.

Nach der Dreifachkatastrophe im März 2011 jedoch wurde sie wieder aktuell - und zwar weit über Japan hinaus. Mittlerweile ist sie in zahlreiche Sprachen übersetzt und nicht ganz "unschuldig" daran, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 2015 beschloss, künftig den 5. November als „Welt-Tsunami-Tag“ zu begehen. Welche Akteure - auch medialer Art - an all dem beteiligt waren, darum geht es in dem Vortrag. Zudem bietet er einige Überlegungen an, wie mittels solcher Geschichten eine transdisziplinär und transnational lehrende und forschende Japanologie bereichert werden kann.

Datum: 25. Oktober 2023, 18 Uhr c.t.
Raum: Gebäude SKW, Hörsaal B